5. Dez. 2009
Man sagt ja, es brauche nicht viel, um einen meiner Blogposts zu schreiben. Also eigentlich sagt das nicht man, sondern GNetzer. Er behauptet immer, die Grundbausteine seien die Worte “Pipi in den Augen”, “Toooooor”, “Glückssocken” und “Petric”. Auch, wenn ich mich bisher immer vehement dagegen gewehrt habe (Wer möchte schon auf Textbausteine reduziert werden?) – heute könnten wir der Sache nahe kommen. Aber von vorn.
Hamburg empfing mich mit strahlendem Sonnenschein – und Arscheskälte. Die Elbe dampfte, es war so nebelig, daß man den Michel nur schemenhaft erahnen konnte, und das Gras und die Blätter entlang der Helgoländer Allee waren alle mit Rauhreif überzuckert.
Doch das war nicht das Einzige, was anders war als sonst. Viel schlimmer: die ganze Stadt war grün-weiß! Egal, wo ich hinkam, die Wiener waren schon da. Und immer in der Überzahl. Ich schien die Einzige in ganz Hamburg zu sein, die mit sichtbarem HSV-Schal unterwegs war. Und ich weiß nicht, ob das überhaupt noch geht – aber ich trug ihn mit noch mehr Stolz als sonst.
Dem Herrn Nedfuller war’s ja im Stadion zu kalt, der saß lieber zu Hause auf dem Sofa und sah sich das Spiel im TV an. Pfff. Herr Curi0us dagegen wollte mal wieder Fußball sehen, und wagte sich erneut mit mir in die Kurve. Doch damit nicht genug, wir hatten diesmal noch eine Geheimwaffe im Gepäck: Frau Jekylla beehrte mich aus der Ferne mit ihren gedrückten Daumen. Ich weiß, daß Ihr das nicht leicht fiel – daher hier nochmal: DANKE!
So ausgerüstet, und natürlich mit Hummel Hummel und Glückssocken, ging’s dann ab in mein Wohnzimmer. Endlich. Vier Wochen ohne Hamburg sind einfach vier Wochen zu viel!
Und noch was machte die Rückkehr besonders toll: Das Wissen, daß Mladen Petric auf der Bank sitzen würde. Schon alleine, ihn beim Aufwärmen zu sehen, brachte einen Hauch von “Alles wird gut” mit sich.

Die Gästekurve und die halbe Süd waren ein einziges grün-weißes Desaster. Verzeihung, aber als Hamburger steht man mit dieser Farbkombi etwas auf Kriegsfuß. Und wir erinnern uns – das Hinspiel in Wien war auch nicht so die schönste aller Fußballerinerungen.
Aber, und das muß ich auch anerkennen: Die Gäste waren nicht nur grün-weiß, sie waren zu Beginn des Spiels auch sehr laut. Und die 8000 (?) Fähnchen sahen schon nett aus. Tolle Auswärts-Choreo!

Allerdings wurde ich bis zuletzt das Gefühl nicht los, daß auch die Rapidler das Spruchband im Gästeblock nicht verstanden. Denn es haute sich keiner der Burschen eine.
Anders gesagt: Ich fand Wien jetzt nicht soooo stark. Anfangs sicher nicht schlecht, aber dann doch stark abfallend.
Sehr lustig fand ich den Schiri. Es schien mir, als sei er SO stolz, daß er seine gelbe Karte nicht in der Kabine vergessen hatte, daß er sie ständig zeigen mußte. Vorzugsweise den Wienern. Zum Ende des Spiels hatte jener Wiener gefühlt dreimal gelb gesehen und bei jeder neue gelben schrie mein gesamter Block “Der hat schon gelb!” – es passierte aber nie was. Möglicherweise hatte der Schiri ja schlichtweg die rote Karte vergessen.
Auf Seiten des HSV waren wir ja alle zum ersten Mal im Leben über eine neue Veletzung froh – so fies das auch sein mag. Rozehnal fiel aus, und alle waren glücklich. Für ihn rückte Rincón ins Team – und machte ein super Spiel. Genau wie Tesche und Jansen, die ich beide auch extrem gut fand.
Extrem gut (für ein Europapokal-Spiel) war diesmal auch die Stimung. Während ich sonst ja oft das Gefühl hatte, den ganzen Block nach vorne schreien zu müssen, hatte ich diesmal neben und hinter mir Leute, die mitzogen. So macht das gleich noch viel mehr Spaß!
Nach der Halbzeit dann endlich die Erlösung: Jansen mit dem einsnull kurz nach Wiederanpfiff, wenig später Marcus Berg mit dem zwonull. Mir fielen sämtliche Gebirge zwischen Hamburg und Wien vom Herzen.
In der 76. Minute dann einer jener Gänsehautmomente: Rund 40.000 Hamburger standen auf, um Mladen Petric willkommen zu heißen. Und ja, verdammt, natürlich hatte ich Pipi in den Augen! Vor allem, wenn man dann in der Zeitung liest, daß er auch total gerührt war ob des Empfangs.
Die Einwechslung von Petric, und die damit verbundenen Geräuschkulisse war natürlich zum perfekten Zeitpunkt gewählt. Wir erinnern uns: Eigentlich macht Rapid immer die Rapid-Viertelstunde – 15 Minuten lang richtig Alarm vorm Abpfiff. Allerdings schienen diesmal rund 8000 Wiener ihre Uhr vergessen zu haben. Man hörte aus dem Gästeblock nämlich nichts.
Das Sahnehäubchen, ein Petric-Tor, fehlte zwar – aber dennoch einer jener perfekten Abende im Europapokaaaaal, für die man dann gerne am nächsten Morgen viel zu früh und nach viel zu wenig Schlaf breit grinsend zurück nach Berlin fährt.
Mit dem Sieg ist der HSV bereits in der Runde der letzten 32 – und aktuell in der Gruppe sogar Spitzenreiter, Spitzenreiter, hey, hey!
Das kann von mir aus gerne so bleiben.
Ich bin nach wie vor ungeschlagen und meine grün-weiße Serie diese Saison hielt auch an – und ich hoffe, daß ich die auch mit in die Winterpause nehmen kann.
